RECORDARE DOMINE – Gesänge gegen die Pandemie in der Zionskirche

Wann

Do, 12.08.2021    
20:30 - 21:45

Wo

Zionskirche Berlin
Zionskirchplatz , Berlin, Berlin, 10119

CHANTS AGAINST THE PLAGUE – Gesänge gegen die Pandemie in der Zionskirche, Teil 4

Ein Projekt von VOX NOSTRA – gefördert vom Hauptstadtkulturfonds 2021

Die “Pestmesse” von Papst Clemens VI. aus dem Jahr 1348

Gregorianik und Bittgesänge zur Beendigung der Pandemie

Das Abschlußkonzert der vierteiligen Reihe “Gesänge gegen die Pandemie” präsentiert lateinische Gesänge der Gregorianik, die im 14. Jahrhundert eigens zur Überwindung der großen europaweiten Pestepidemie zusammengestellt worden waren. In späterer Zeit wurden die Texte der “Pestmesse”durch Komponisten wie Heinrich Isaac und Jean Mouton auch mehrstimmig gesetzt und diese Komositionen werden im Konzert spannungsreich neben den Gregorianischen Chorälen zu hören sein. Zum Abschluß erklingt das bei Pestprozessionen immer wieder gesungene “Media vita in morte sumus” (Mitten im Leben sind wir vom Tod umgeben) in der 6-stimmigen Fassung von John Sheppard.

In der Zeit der todbringenden Pest von 1347-1350 hielten es viele gläubige Menschen nicht für ausgeschlossen, dass diese als Bestrafung von Gott gesandt worden war. Die Reaktion der katholischen Kirche war 1348 die Stiftung und Zusammenstellung von Gesängen für eine spezielle Messfeier durch Papst Clemens VI., der zur Zeit des großen Schismas von 1342-1352 in Avignon residierte. Jules Viard gibt in seinem Ausatz ‘La messe pour la peste’ (Bibliothèque de l’ecole des Chartes, 61, (1900), S. 336–8) den genauen Wortlaut zur Entstehung dieser Messe wieder:

“Missa pro vitanda mortalitate, quam dominus papa Clemens sextus fecit vel constitua in collegio, cum dominis cardinalibus, anno Domini millesimo CCCXLVIII. Et concessit omnibus predictam missam audientibus et dicentibus ducentas sexaginta dies indulgentie. Et omnes audientes predictam missam debent portare in manu unam candelam ardentem per quinque dies continue sequentes; et eis mors subitanea nocere non poterit. Hoc est certum et approbatum in Avinione et in partibus Avinionensibus.”

Daraus geht hervor, dass Papst Clemens VI. die Messfeier in Zeiten einer Seuche (pro vitanda mortalitate) im Beisein der Kardinäle im Jahre 1348 kompiliert hat. Jeder, der diese “Pestmesse” hört, soll mit einem Ablass von 260 Tagen belohnt werden und wer anschließend fünf Tage lang eine brennende Kerze bei der Messe mit sich trägt, wird von einem plötzlichen Tod (mors subitanea) verschont bleiben. Allen bösartigen Anschuldigungen gegen die Juden, die angeblich durch das Vergiften der Brunnen die Pestepidemie ausgelöst haben sollen, trat Papst Clemens VI. vehement entgegen und erließ zwei päpstliche Bullen, um die Juden vor Verfolgung und Tod zu schützen.

Der Chronist Konrad von Megenburg ergänzte in seinem Buch der Natur, Bd. II, Kap. 32: “In dem êrsten jâr des grôzen ertpidems was der jâmer sô grôz, daz der pâbst Clemens der sehst ain new mess machte für den tôt ob man got gevlêhen möht, daz er sich über daz volk erparmt. Diu mess huob sich an: Recordare domine testamenti tui.”

Die Kompilation der Gregorianischen Gesänge der “Pestmesse” beinhaltet Kompositionen des 10. Jahrhunderts für den Pestheiligen Sebastian und ausgewählte Stücke, deren Texte von Buß- und Bittcharakter geprägt sind. So heißt es im Introitus (Eingangsgesang der Pestmesse) Recordare domine:

Gedenke, Herr, deines Bundes, und sage zu dem Engel, der das Verderben bringt:
Deine Hand höre auf, damit die Erde nicht verödet wird. Und damit du nicht jede lebende Seele vernichtest. (2. Sam, Kap 24)

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