Honoraruntergrenzen – Das „Berliner Modell“ (DACH Musik Berlin)

Erstmals haben die im DACH Musik zusammengeschlossenen Musikverbände der Freien Szene in Berlin ein transparentes und den Anforderungen der Realität freischaffender Musiker:innen entsprechendes Berechnungsmodell zur Festlegung von zu erreichenden Honoraruntergrenzen in der öffentlichen Förderung erarbeitet.

Wenngleich öffentliche Kulturförderung nicht direkt dem Zweck sozialer Absicherung von Künstler:innen dienen kann, so muss sie dennoch eine angemessene Bezahlung ermöglichen und darf nicht die vorherrschenden prekären Verhältnisse vieler Künstler*innen verstärken. Dass hier bisher ein Missstand vorliegt, wurde von der Politik erkannt und die Kulturministerkonferenz hat im vergangenen Jahr beschlossen, unter Einbeziehung der Expertise der Fachverbände Honorarempfehlungen zu ermitteln. Das DACH Musik bestehend aus Vereinigung Alte Musik Berlin, IG Jazz, Initiative Neue Musik und Zeitgenössisches Musiktheater Berlin haben sich dieser Aufgabe auf Landesebene angenommen und 2022 ein Modell zur Ermittlung einer Honoraruntergrenze entwickelt.

Das „Berliner Modell“

Die Grundlage für die Entwicklung des Berliner Modells ist die Arbeitsrealität freischaffender Musiker:innen. Gemeinsam mit Vertreter:innen verschiedener Szenen wurde ein Schlüssel entwickelt, der neben musikspezifischen Betriebskosten auch „unsichtbare/investive“ Arbeitszeit beziffert. Darunter fallen tägliches Üben, Vorbereitung auf Projekte und administrative Tätigkeiten wie Abrechnung, Akquise oder Marketing, die zum täglichen Leben freischaffender Musiker:innen gehören und ca. 50% des Arbeitsalltages ausmachen. Diese für den Beruf essentiellen Tätigkeiten werden bisher nicht vergütet.

Bezugsgröße des Berliner Modells ist das Durchschnittsentgelt. Aufgrund jahrzehntelanger prekärer Arbeitsbedingungen und unterfinanzierter Strukturen ist es vielen freischaffenden Musiker*innen nicht möglich, ausreichend Rentenpunkte zu sammeln, vielen droht die Altersarmut. Zur Berechnung der neuen Honoraruntergrenzen wurde das Erreichen eines Rentenpunkts als Bezugsgröße gewählt. Ein Rentenpunkt wird bei einem Jahreseinkommen erreicht, das dem Durchschnittsentgelt aller Versicherten entspricht. Dieses lag im Jahr 2022 bei 38.901 Euro.

Abseits der Berechnung ist es dem DACH Musik besonders wichtig, Schwierigkeiten bei der Einführung einer solchen Honoraruntergrenze transparent zu kommunizieren, um gemeinsam mit Politik und Verwaltung Strategien für eine nachhaltige Etablierung von Honorarstandards zu entwickeln. Eine dieser Strategien sieht vor, die Honoraruntergrenze in den kommenden Jahren, beginnend bei 60% (1. Stufe), schrittweise im Bereich der öffentlichen Förderung einzuführen.

Alle Informationen zum Berliner Modell findet ihr hier und in unserem Servicebereich auf der Startseite.

Weitere HUG-Empfehlungen: AG Faire Vergütung des Deutschen Musikrats, uni.sono und ver.di

Neben dem Modell des DACH Musik arbeiten auch weitere Verbände, Gewerkschaften und Interessenvertretungen an der Entwicklung und Einführung von Honoraruntergrenzen. Der Deutsche Musikrat hat dafür eigens die AG Faire Vergütung ins Leben gerufen, in der unter anderem auch das „Berliner Modell“ diskutiert worden ist. Die Empfehlung des Deutschen Musikrats ist hier zu finden: https://www.musikrat.de/musikpolitik/professionelles-musikleben

Uni.sono und ver.di haben ebenfalls eigene Kampagnen gestartet, die auf eine Einführung von Mindest- und Basishonoraren abzielen. Dabei werden unter anderem der Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes und die Orchestertarife als Grundlage verwendet und Honoraruntergrenzen für Aushilfen in Orchestern und Rundfunkchören mitgedacht.

https://uni-sono.org/projekte-kampagnen/mindest-und-aushilfenhonorare/

https://kunst-kultur.verdi.de/schwerpunkte/mindeststandards/basishonorare/